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Katrin Helling-Plahr

Foto: © Katrin Helling-Plahr MdB

Katrin Helling-Plahr, LL.M. im Porträt

 

"Wir sollten unser Glück nicht im Mittelmaß suchen!"

Katrin Helling-Plahr, LL.M., Mitglied des Bundestages, im Interview über wichtige Charakterzüge für eine politische Karriere und das Jura-Studium und die Familienfreundlichkeit der Politik. 

Frau Helling-Plahr, seit 2017 sind Sie Mitglied des Bundestages in der FDP-Fraktion, waren vorher 8 Jahre lang im Rat der Stadt Hagen tätig und beschäftigten sich als Rechtsanwältin vorwiegend mit Fragen des Medizinrechts. War das mal der Plan, erst Anwältin, dann Stadträtin und dann Bundestagsabgeordnete?

Stadträtin war ich schon als Studentin und Referendarin. Das war eine rein ehrenamtliche Tätigkeit. Aber zum Kern der Frage: Ich glaube politische Karrieren kann man nicht planen. Sie hängen von zu vielen Unwägbarkeiten ab. Ich finde den Anwaltsberuf nach wie vor großartig und bin auch weiterhin mit Leidenschaft Fachanwältin für Medizinrecht. Aber natürlich war es immer auch ein Traum, Gesetze gestalten zu können. Ich bin den Wählerinnen und Wählern sehr dankbar, dass sie mir das ermöglichen.

Politisch engagieren Sie sich bezüglich Fragen der Gesundheit (medizinethischer Fragen, Männer- und Frauengesundheit, Patientenrechte, Medizinprodukterecht, Geburtshilfe sowie Kinder- und Jugendmedizin) und des Rechtes (Medizin- und Familienrecht). Wie kam es dazu, dass Sie sich gerade für diese Themen einsetzen?

Ich möchte mich in Themenbereiche einbringen, in denen ich Kompetenzen mitbringe. Ich habe einen LL.M. und einen Fachanwaltstitel in Medizinrecht, darüber hinaus einen Fachanwaltslehrgang in Familienrecht absolviert. Ich habe vor allem arzthaftungsrechtliche und medizinprodukterechtliche Mandate betreut und war zeitweise auf dem Gebiet des Familienrechts tätig – weiß also auch aus der Praxis, wo Herausforderungen bestehen. Da war es für mich logisch, dass ich auch diese Themen politisch begleite.

Innerhalb der FDP bzw. der Jungen Liberalen haben Sie schon so einige Ämter bekleidet. Unter anderem waren Sie sowohl Mitglied im Bundesvorstand der FDP als auch der Jungen Liberalen. Wie darf man sich die Arbeit grundsätzlich vorstellen?

Sowohl bei den Jungen Liberalen als auch bei der FDP haben wir natürlich aktuelle politische Fragestellungen diskutiert und versucht, die Entscheidungsprozesse in unserem Sinne zu beeinflussen. Bei den Jungen Liberalen war ich stellvertretende Bundesvorsitzende für Organisation, das heißt, ich habe darüber hinaus ganz praktisch die regelmäßigen Kongresse, an denen mehrere hundert Junge Liberale aus ganz Deutschland teilnehmen, oder auch Seminare organisiert. Es ging dabei darum, den Rahmen für inhaltliche Diskussionen zu ermöglichen und junge Menschen für Politik und liberale Inhalte zu begeistern.

Gab es da Unterschiede in der Stimmung und der Arbeitsweise der jeweiligen Vorstände?

Beide Vorstände arbeiten rein ehrenamtlich. Bei der FDP gibt es aber größere Unterstützung der Arbeit durch hauptamtliche Mitarbeiter. Natürlich war die Atmosphäre bei den Jungen Liberalen lockerer. Man hat als Vorstand fast jedes Wochenende auf Kongressen in Bund und Ländern, bei Vorstandssitzungen und Seminaren zusammen verbracht. Und natürlich wurde das auch gemeinsam gefeiert. Das empfahl sich im Anschluss an Sitzungen des FDP Bundesvorstandes (meist am Montagvormittag) eher weniger.

Welche Eigenschaften sollte man Ihrer Meinung nach allgemein für eine Karriere in der Politik mitbringen? Insbesondere auch mit Blick darauf, dass die Politik bis heute immer noch als sehr männerdominiert gilt?

Zunächst einmal muss man für Inhalte brennen. Politik zu beeinflussen – auch im Kleinen – muss Freude bereiten. Sonst ist der Weg zu weit. Außerdem helfen Fleiß, Beharrlichkeit und die richtige Mischung aus Kompromiss- und Konfliktfähigkeit.

Was waren für Sie die Beweggründe der FDP beizutreten?

 

Ich konnte mich schon als Schülerin für liberale Schulpolitik, für talentgerechte Förderung und größere Schulautonomie, begeistern. Auch die klar bürgerrechtliche Haltung, der Einsatz gegen umfassende Überwachung, die jeden Bürger unter Generalverdacht stellt, hat mich besonders überzeugt. Zum Beitritt bewogen hat mich aber die Tatsache, dass ich mich schon immer mit der Grundhaltung der Freien Demokraten identifizieren konnte. Das Eintreten für Leistungsbereitschaft, für größtmögliche Freiheit, für möglichst wenig staatliche Einmischung allgemein, ein Menschenbild, das Menschen als mündig und verantwortungsbereit begreift, die Idee jedem bestmögliche Chancen zu ermöglichen sind für die Freien Demokraten wie für mich persönlich überragend wichtige Werte.

Nach Art. 3 Abs. 2 Grundgesetz sind Männer und Frauen gleichberechtigt. Und trotzdem gibt es immer noch große Diskrepanzen. Finden Sie, dass in der Politik genug dafür getan wird? Und wenn nein, was muss und kann Ihrer Ansicht nach getan werden?

In der Politik drehen sich die Diskussionen fortwährend um die Frage, wie mehr Frauen für die Politik gewonnen werden können, wie Frauen besser eingebunden werden können. Richtig ist, dass Politik für Frauen und Männer familienfreundlicher werden muss. Das betrifft Tagungszeiten und Betreuungsmöglichkeiten. Darüber hinaus wünsche ich mir, dass künftig mehr Frauen den Mut haben, ihre Ideen einzubringen und sich durchzusetzen -  Politik kann da nur durch Rahmenbedingungen stützen.

Auf Ihrer Webseite stand bis vor kurzem, dass Ungeduld eine Tugend sei. Was genau verstehen Sie darunter und sind Sie ungeduldig?

Meine Großmutter meinte stets ich hätte „Hummeln im Hintern“. Ich bin also tatsächlich ein sehr ungeduldiger Mensch, kann schlecht warten, will Dinge immer sofort umgesetzt wissen. Gerade in der Politik kann und sollte Ungeduld eine Tugend sein. Ich finde, wir sollten uns nicht mit dem schnöden „Weiter so“ der Großen Koalition abfinden, unser Glück nicht im Mittelmaß suchen, sondern die Chance jetzt nutzen, unser Land zukunftsfit zu machen.

Sie sind Mutter eines kleinen Sohnes, Moritz. Wie vereinbart man die Tätigkeit als Bundestagsabgeordnete mit einem kleinen Kind?

Durch gute Organisation. Moritz reist zumeist mit mir in den Sitzungswochen nach Berlin. Neuerdings besucht er in Berlin halbtags eine Kindertagesstätte. Nachmittags schläft oder spielt er manchmal im Büro. Außerdem besucht uns mein Mann so oft es möglich ist in Berlin und übernimmt dann die Betreuung.

Sie bringen Ihren Sohn ab und an auch mal zu Fraktionssitzungen mit. Wie reagieren die anderen Mitglieder Ihrer Fraktion, wenn das vorkommt?

Die Kolleginnen und Kollegen sind immer sehr verständnisvoll gewesen. Ich habe nicht ein kritisches Wort gehört. Dass ich ihn mitbringen kann, war immer selbstverständlich. Die Kolleginnen und Kollegen haben mir das Gefühl gegeben, dass sie sich freuen ihn zu sehen und zum Beispiel auch mal mit ihm gemalt.

Wenn Sie jungen Juristen und Juristinnen einen Rat geben sollten, welcher wäre das?

Zu Studienzeiten hätte ich mich über den Rat „Work hard, party hard“ sehr gefreut. Heute würde ich das etwas anders ausdrücken. Leistungsbereitschaft und Ehrgeiz im Studium sind das nötige Fundament. Schaut darüber hinaus auch nach links und nach rechts; Probleme – auch im Job – löst man nicht nur mit Lehrbuchwissen.

Was war für Sie bisher die größte Herausforderung und was der größte Erfolg - im beruflichen und/oder im privaten Leben?

Der größte Erfolg war sicher die Wahl in den Deutschen Bundestag. Die größte Herausforderung dürfte - damit verbunden – im beruflichen und privaten Leben die Organisation der Arbeit als Abgeordnete und das Leben zwischen zwei Städten mit einem seinerzeit noch 9 Monate alten Kind gewesen sein. Zumal es dabei galt und gilt, den eigenen Ansprüchen in allen Rollen gerecht zu werden.

Welche Juristin hat Sie so inspiriert, dass sie als Vorbild für breaking.through nominiert werden sollte und wieso?

Die Juristin, die mich am meisten inspiriert hat, ist natürlich meine Mutter. Sie ist Rechtsanwältin und als Fachanwältin für Familienrecht 30 Jahre auf diesem Gebiet tätig. Politisch hat mich meine FDP Bezirksvorsitzende Angela Freimuth MdL, Vizepräsidentin des nordrhein-westfälischen Landtags, sehr inspiriert. Sie hat nach einer Lehre zur Werkzeugmacherin Jura studiert und steht, solange ich mich politisch engagiere, ganz selbstverständlich in der ersten Reihe der FDP NRW. Auch wie sich Kind und Mandat vereinbaren lassen, hat sie vorgelebt. Sie würde ich deshalb gern nominieren.

Vielen Dank für das Gespräch und die Zeit, die Sie sich dafür genommen haben!

Berlin, 20. März 2019. Frau Helling-Plahr hat die Fragen schriftlich beantwortet. Die Fragen stellte Karen Kelat.

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