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Follow-up Porträt von Fatima Hussain, LL.M

 

"Wir müssen unsere Stimme nutzen."

Fatima Hussain, LL.M., Head of Legal bei LIQID, im Follow-up Interview über die Bedeutung von Mut, ihr gewachsenes politisches Engagement und die gesellschaftliche Pflicht, sich gegen Diskriminierung und Ungleichheit einzusetzen.

Was hat sich seit Deinem letzten Interview mit breaking.through bei Dir verändert?

Seit meinem letzten Interview hat sich bei mir beruflich und persönlich vieles weiterentwickelt mit einem klaren Fokus auf Wirkung, Verantwortung und Sichtbarkeit.

Ich habe den Schritt aus der Automobilbranche in die Fintech-Welt gewagt, um in einem dynamischen, zukunftsgerichteten Umfeld noch stärker gestalten zu können. Nach einer intensiven und spannenden Zeit bei Trade Republic bin ich mittlerweile als Head of Legal bei LIQID.

 

Besonders gefreut haben mich in den letzten Jahren auch tolle Auszeichnungen: Das Capital-Magazin hat mich in die Liste “Deutschlands Top 40 unter 40“ aufgenommen, der Business Insider zählt mich zu den „25 Zukunftsmacherinnen“. Im April 2025 ist zudem ein Interview mit mir im Handelsblatt erschienen. Ein Moment, auf den ich sehr stolz bin.

 

Ich bin überzeugt davon, dass Veränderung nicht nur innerhalb von Organisationen, sondern auch in unserer Gesellschaft angestoßen werden muss und dafür braucht es Stimmen, die sich einbringen. Umso schöner ist es, dass ich mein Netzwerk in Berlin deutlich erweitert habe und viele inspirierende Menschen kennengelernt habe, die mich tagtäglich bereichern und inspirieren.

 

Insgesamt war es eine Zeit des Aufbruchs, voller Herausforderungen, aber auch voller Chancen. Ich habe gelernt, wie wichtig es ist, mutig zu bleiben, Räume aktiv mitzugestalten und dabei andere zu ermutigen, genau das Gleiche zu tun.

Was waren Deine größten Learnings der vergangenen Jahre, insbesondere auch im Zusammenhang mit den beruflichen Veränderungen?

 

Eines der wichtigsten Learnings für mich war: Vertraue Deinem Bauchgefühl. Nur weil andere etwas für nicht wichtig oder nicht richtig halten, heißt das noch lange nicht, dass es das für Dich nicht ist. Es ist vollkommen in Ordnung, in der eigenen Geschwindigkeit zu wachsen.

 

Gleichzeitig habe ich gelernt, dass Herausforderungen, egal ob im Job oder im persönlichen Umfeld, oft genau die Momente sind, in denen man über sich hinauswächst. Gerade in Zeiten des Wandels, beruflich wie gesellschaftlich, kommt es darauf an, Haltung zu zeigen, Verantwortung zu übernehmen und nicht darauf zu warten, dass jemand anderes Dinge verändert.

 

Mein wachsendes politisches Engagement in den letzten Jahren war deshalb kein Nebenbei, sondern ein bewusster und wesentlicher Teil meines Weges. Ich habe erkannt, dass beruflicher Erfolg und gesellschaftliche Wirkung sich nicht ausschließen: ganz im Gegenteil. Es braucht mehr Stimmen, die sich einmischen, klare Positionen beziehen und sich für strukturellen Wandel stark machen. Das bedeutet Räume für andere zu öffnen, Ungleichheiten sichtbar zu machen und aktiv etwas beizutragen.

 

Diese Haltung hat mich in den letzten Jahren begleitet und sie wird auch weiterhin ein wesentlicher Teil sein.

 

Was würdest Du mit Blick auf die juristische Ausbildung und / oder Deinen Berufseinstieg heute anders machen, und was auf jeden Fall genauso? Wieso?

Ich würde auf jeden Fall wieder den Weg über die Großkanzlei wählen. Meine Stationen bei Linklaters, Clifford Chance und Freshfields haben mich fachlich sehr geprägt, aber vor allem auch menschlich. Sie haben mir nicht nur einen tiefen Einblick in verschiedene Rechtsgebiete und Arbeitsweisen gegeben, sondern mich auch mit großartigen Persönlichkeiten zusammengebracht, von denen ich viel lernen durfte und mit denen ich bis heute verbunden bin.

 

Ebenso würde ich jederzeit wieder das Referendariat nutzen, um möglichst viele unterschiedliche Stationen auszuprobieren. Diese Zeit ist eine große Chance, um sich auszutesten, verschiedene Perspektiven kennenzulernen und am Ende eine informierte, bewusste Entscheidung für den eigenen Berufseinstieg zu treffen. Ich bin sehr froh, diese Möglichkeit damals aktiv genutzt zu haben und rate auch allen Jurist:innen, die ich begleite, genau das zu tun.

Gibt es etwas, das Du uns sonst noch mitteilen möchtest?

Ich möchte klar sagen, dass wir auch im Jahr 2025 in einer Gesellschaft leben, in der Frauen strukturell diskriminiert werden und dass sich diese Diskriminierung mit jedem weiteren Diversitätsmerkmal verschärft. Viele Menschen in unserer Gesellschaft erleben aufgrund ihrer Herkunft, ihres sozioökonomischen Hintergrunds oder ihrer Religion Ausschlüsse, Doppelstandards und systematische Benachteiligung.

 

Das ist keine individuelle Erfahrung, sondern strukturelle Realität. Und es ist unsere Aufgabe, insbesondere, wenn wir privilegiert sind, diese Realität nicht nur zu erkennen, sondern zu verändern. Es ist kein Nice to have, sich gegen Diskriminierung und Ungleichheit zu engagieren. Es ist eine Verantwortung. Eine Pflicht.

 

Es geht dabei nicht nur um Bildungsgerechtigkeit oder Gender Pay Gaps. Es geht um faire Chancen für alle, um gleiche Zugänge zu Ressourcen, um das aktive Durchbrechen von Strukturen, die bestimmten Gruppen systematisch den Aufstieg verwehren. Besonders betroffen sind Menschen (insbesondere Frauen) mit Migrationsgeschichte, deren Perspektiven noch immer zu oft ignoriert oder abgewertet werden.

 

Was ich in den letzten Jahren zunehmend beobachte, ist ein politisches Klima, das diese Spaltung weiter vertieft. Polarisierung wird zur Strategie, soziale Herkunft zur Hürde, ökonomische Ungleichheit zur Selbstverständlichkeit. Das dürfen wir nicht hinnehmen. Wir müssen uns aktiv und laut für eine Gesellschaft einsetzen, in der Herkunft nicht über Chancen entscheidet.

 

Wer privilegiert ist, darf nicht neutral bleiben. Und genau deshalb müssen wir unsere Stimme nutzen. Nicht irgendwann, sondern jetzt.

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Vielen Dank für das spannende Interview!

Berlin, 6. September 2025. Fatima Hussain hat die Fragen schriftlich beantwortet. Die Fragen stellte Marina Arntzen.

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