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Katrin Hanschitz

Katrin Hanschitz über Österreich

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Katrin Hanschitz, Partnerin bei KNOETZL in Wien, über ihren ungewöhnlich abwechslungsreichen Werdegang, den österreichischen Bewerbermarkt für Juristinnen und Juristen sowie die Situation der Juristinnen in Österreich.

Frau Hanschitz, bevor Sie Partnerin bei KNOETZL im Bereich Prozessführung wurden, hat Sie Ihr Werdegang in verschiedene Rechtsgebiete (Corporate / Banking & Finance / Dispute Resolution), verschiedene Tätigkeitsbereiche (Parteienvertretung und In-house Counsel) und verschiedene Kanzleitypen (kleinere und größere) geführt. Wie kam es zu diesen Richtungswechseln?

Der rote Faden, der sich durch meine Laufbahn zieht, ist meine Begeisterung für die "klassische" Juristerei. Nach meinem Studium wusste ich, dass ich entweder als Anwältin oder Richterin arbeiten wollte. Ich fand das österreichische Gerichtssystem damals – vor den zwischenzeitigen Reformen – eher schwerfällig. So begann ich meine Anwaltslaufbahn zunächst in einer echten "Wald- und Wiesenkanzlei". Mich reizte dann ein internationaleres Berufsumfeld, also wechselte ich in eine international tätige Boutiquekanzlei. Ich hatte dort keine klare Spezialisierung und habe mir den Ruf aufgebaut, "Mädchen für alles" zu sein (lacht). Der Vorteil war, gleich am Anfang der beruflichen Tätigkeit überall hineinzuschnuppern und fächerübergreifend zu arbeiten, da lernt man sehr viel. Der Nachteil: Gegenüber dem*der Mandant*innen tritt man stets als "Expert*in" auf, während man sich im Hintergrund fieberhaft in neue Rechtsgebiete einarbeitet. Das ist spannend, aber auch anstrengend, und bedeutet lange Arbeitstage. Glücklicherweise hatte mein Partner dafür Verständnis und unterstützte mich voll. Wenn ich um 24 Uhr nach Hause kam, hat er mich mit einem Glas Wein und Essen begrüßt.

Mit Anfang 30 entstand bei mir die Überlegung, mich nach einer kurzen Auszeit beruflich neu zu orientieren und – auch im Hinblick auf die Familienplanung – etwas geregeltere Arbeitszeiten anzustreben. Die Arbeit als Unternehmensjuristin schien verlockend: Man kennt dort seine Mandant*innen gut, weiß wie die Entscheidungsprozesse laufen, kennt die Industrie und das Geschäftsumfeld gut und kann daher wirklich intensiv auf die Bedürfnisse des Unternehmens eingehen. Das war tatsächlich so, wie ich bei meiner Zeit als Inhouse-Counsel bei einem Leasingunternehmen erfahren habe. Dort habe ich allerdings schnell – sehr anwaltstypisch – viel Verantwortung übernommen. Als Ergebnis hatte ich daher innerhalb kürzester Zeit wieder sehr viel zu tun, verdiente aber weniger und konnte nur innerhalb eines geringen inhaltlichen Spektrums arbeiten.

Daher stieg ich nach meiner ersten Schwangerschaft nochmals in die Anwaltei ein, diesmal bei einer Großkanzlei, wo ich die Vorteile einer Großkanzlei entdeckt habe: Es gab dort neben der "klassischen" Laufbahn – also in Richtung Equity Partnerschaft – auch die Möglichkeit, als Counsel zu arbeiten, was auch in Teilzeitarbeit möglich war. Wir haben in Teams gearbeitet, daher mussten selbst bei einer heißen Transaktion nicht alle Teammitglieder rund um die Uhr verfügbar sein. Ich konnte mich am Nachmittag auf meine Kinder – mittlerweile drei – konzentrieren, solange ich für Fragen und für den Notfall telefonisch verfügbar war. Ich hatte ausgezeichnete Kollegen und Kolleginnen, die für meine Situation auch Verständnis hatten; es hat also sehr gut geklappt. In kleineren Kanzleien funktioniert so etwas in der Regel nicht, weil die Anwält*innen dort eher eigene Causen betreuen und weniger im Team arbeiten.

In der Großkanzlei erwies sich meine breite Basis als besonders vorteilhaft, da ich je nach Bedarf in verschiedenen Praxisgruppen einsetzbar war. So kam ich zunächst zum Bereich Gesellschaftsrecht/M&A, und als dort der Markt nach der Finanzkrise zusammenbrach, wechselte ich zur Praxisgruppe Banking & Finance. Als der dortige Partner zu einer anderen Kanzlei wechselte, entschloss ich mich, mich auf die streitige Gerichtsbarkeit zu konzentrieren und kam zur Praxisgruppe Dispute Resolution in Bettina Knötzls Team.

Als sich dann die Chance ergab, mit Bettina Knötzl eine für Wien neuartige Dispute Resolution Kanzlei zu gründen, war ich mit Begeisterung dabei. KNOETZL verbindet die Vorteile der Großkanzlei – arbeiten im Team an interessante Großcausen – mit den Vorteilen einer kleineren Kanzlei, v.a. die Übersichtlichkeit und die rasche Entscheidungsfindung.


Wie unterscheidet sich die Tätigkeit als In-house Counsel von der Tätigkeit als Parteienvertreter im Bereich Prozessführung?

Wie schon erwähnt liegt m.E. der größte Unterschied darin, dass man als In-house Counsel nur eine*n Mandant*in betreut, den man – sowohl industrietechnisch als auch hinsichtlich "soft facts" – intensiv kennt und den*die man daher sehr gut betreuen kann. Erfreulich ist auch, dass man im Gegensatz zur Anwaltstätigkeit seine Stunden weder aufzeichnen noch rechtfertigen muss – ein echter Luxus!

Demgegenüber finde ich die Parteienvertretung, gerade im Bereich Dispute Resolution, in der von mir derzeit praktizierten Form, sehr spannend und rechtlich anspruchsvoll. Da wir bei KNOETZL überwiegend große, high-end Causen betreuen, können wir in die Tiefe gehen und intensiv alle relevanten strategischen, rechtlichen und sachlichen Aspekte beleuchten. Das macht für mich die Arbeit reizvoll.

Nach meiner Erfahrung lässt sich der Beruf als Anwalt*Anwältin spezifisch im Bereich Dispute Resolution gut mit einer Familie vereinbaren, weil die Termine und Fristen in der Regel lange im Voraus bekannt sind, um die Zeit gut einteilen zu können. Ein Schriftsatz lässt sich auch am Abend und am Wochenende schreiben, man muss dafür nicht ständig vor Ort in der Kanzlei sein.

Hätten Sie zum Ende Ihrer juristischen Ausbildung gedacht, dass Sie einmal dort stehen, wo Sie heute stehen?

Grundsätzlich schon, nur die Umwege dorthin hätte ich nicht erwartet.

KNOETZL wurde Anfang 2016 als Spinn-off von Wolf Theiss gegründet, Sie waren von Anfang an als Partnerin dabei. Welche Vor- und Nachteile sehen Sie darin, sich von einer bereits am Markt etablierten Kanzlei abzuspalten?

Bettina Knötzl und Florian Haugeneder waren zur Zeit der Kanzleigründung sehr gut am Markt etabliert, sodass KNOETZL nicht wirklich als "neue" Kanzlei" galt. Für mich war es damals eher so, dass ich mich mit meinem Team einfach örtlich und gedanklich weiterbewegte.

Für mich persönlich hat sich durch den Wechsel von "Counsel" zur "Partnerin" viel geändert, v.a. da ich viel aktiver am Kanzleimanagement beteiligt bin. 

Wie ist der Markt für gut ausgebildete Juristinnen derzeit in Österreich? Herrscht eher ein Bewerberengpass oder können die Kanzleien von einer großen Zahl Bewerber profitieren?

Wir erhalten laufend Bewerbungen aus der ganzen Welt, darunter auch sehr spannende. Meine Erfahrung ist es, dass sowohl das Angebot als auch die Nachfrage nach wirklich gut ausgebildeten Juristen und Juristinnen stark ist. Entscheidend – und schwieriger – ist das Zusammenfinden von Angebot und Nachfrage zum richtigen Zeitpunkt. Es ist nicht einfach, die perfekte Person dafür zu finden, wenn die Anforderungen – wie bei KNOETZL – sehr spezifisch sind.

Aus Bewerber*innensicht sind natürlich vor allem die eigenen Fähigkeiten und Interessen entscheidend. Wenn ich als Arbeitgeberin eine Bewerbung erhalte und nicht erkennbar ist, dass sich der*die  Bewerber*in je für Dispute Resolution interessiert hat, ist auch mein Interesse nicht groß. Wenn aber aus dem Lebenslauf erkennbar ist, dass sich der*die Bewerber*in aktiv für Arbitration, Litigation oder Wirtschaftsstrafrecht interessiert hat und außerdem Zusatzqualifikationen hat (z.B. Sprachen, Teilnahme am Vis Moot etc.), sind die Aussichten wesentlich besser.

Sprechen wir ein wenig über die Situation von Juristinnen in Österreich. Gibt es Bereiche, in denen sie besonders stark oder besonders schwach vertreten sind?

Im Anwaltsbereich sind Frauen weiterhin schlecht vertreten. Der Frauenanteil bei Anwälten liegt noch immer bei ca. 20 %. Bis zum Equity Partner von großen Kanzleien schaffen es Frauen sehr selten.

Weibliche Juristinnen wechseln im Rahmen der Ausbildung gerne zu Banken oder zu den Gerichten etc., selbst wenn sie als Rechtsanwaltsanwärter beginnen; nur wenige der Berufseinsteigerinnen werden tatsächlich Anwältinnen.

Aber auch in der Wirtschaft sind Juristinnen in Spitzenführungspositionen rar. Im Jahr 2018 liegt der Frauenanteil in Führungspositionen in den 200 umsatzstärksten Unternehmen unter 10 %, obwohl es seit Anfang 2018 eine gesetzliche Quote von 30 % bei der Besetzung von Aufsichtsratposten gibt (siehe Artikel "Frauenquote: Aufsichtsräte brauchen keine Goldröckchen" der Standard 19.2.2018, Bettina Knötzl). Wie viel die Quote bringt, bleibt indes abzuwarten. Der Bedarf ist sicher da, aber ob das Gesetz gut umgesetzt wird, ist zu diskutieren.

Haben viele der Juristinnen in Führungspositionen in Österreich Kinder?

Es gibt immer wieder Juristinnen, die es schaffen, eine Führungsposition und Kinder zu verbinden, so etwa Irmgard Griss, OGH und VfGH- Richterin, zuletzt auch Kandidatin bei der Bundespräsidentenwahl 2016. Auch Bettina Knötzl, vormals die einzige Equity Partnerin unter 25 Partnern einer Großkanzlei und Namenspartnerin unserer Kanzlei, ist ein sehr gutes Beispiel.

Der Trend ist auch grundsätzlich positiv: Gerade in internationalen Unternehmen begegne ich immer wieder talentierten Powerfrauen, die es schaffen, eine Führungsposition mit Familie zu verbinden. Die technischen Hilfsmittel – remote zu arbeiten, Smartphones etc. – ermöglichen ein viel flexibleres Arbeiten, was Müttern sehr entgegenkommt.

Sie selbst haben drei Kinder großgezogen. Zu welchem Zeitpunkt Ihrer Karriere haben Sie Ihre Kinder bekommen?

(lacht) Noch bin ich mit dem Großziehen beschäftigt, sie sind erst 5, 9 und 11 Jahre alt. Mein erstes Kind habe ich nach meiner Rechtsanwaltsprüfung bekommen, also mit 35 Jahren.

Wie haben Sie die Kinderbetreuung ausgestaltet? Welche Möglichkeiten bietet der österreichische Staat hier?

Ich habe glücklicherweise einen Partner, der mich sehr unterstützt. Er springt z.B. auch für Krankheitstage ein, übernimmt die Kinder einmal in der Woche schon am Nachmittag, damit ich länger arbeiten kann und hat Verständnis dafür, dass ich manchmal auch am Wochenende bzw. spätabends arbeiten muss.

Dennoch, ohne Fremdbetreuung wären wir nicht ausgekommen. Als ich wieder in den Beruf einstieg, habe ich erst einmal von ca. 7 bis 14 Uhr gearbeitet. Eine Nanny hat die Kinder in den Kindergarten gebracht und dann vom Kindergarten um 12 Uhr abgeholt und nach Hause gebracht, 1 bis 2 Tage pro Woche hat sie sie auch bis zum späten Nachmittag betreut. Das war Gold wert, v.a. weil unsere Kinder keine Großeltern vor Ort haben. Seit neun Jahren haben wir dieselbe Nanny. Sie betreut meine Jüngste immer noch wöchentlich einige Stunden und kommt, wenn die Kinder krank sind und mein Partner nicht verfügbar ist. Auch in den Sommerferien übernimmt sie die Kinder für eine Woche.

Besonders schwierig am österreichischen Schulsystem finde ich die sehr langen Sommerferien von neun Wochen. Das in einer sinnvollen Weise zu überbrücken ist schon eine Herausforderung – und ordentlich kostspielig.

Der österreichische Staat bietet Müttern nach der Geburt, gegenüber anderen Ländern, sehr viele Vorteile: Erstens erhält man Kinderbetreuungsgeld ab der Geburt des Kindes für die Zeit der Karenz, wobei man zwischen verschiedenen Varianten wählen kann, idR zwischen einem Jahr und drei Jahren. Die monatliche Höhe des Kinderbetreuungsgeldes steht dabei in Abhängigkeit zur Dauer, die man zu Hause bleiben möchte, und ob beide Partner sich karenzieren lassen. Sie kann bis zu 80 % des Einkommens betragen, bei einer Obergrenze von max. 66 € pro Tag, d.s. ca. 2.000 €/Monat. Dazu kommt die Familienbeihilfe (bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes, abhängig vom Alter und der Anzahl der Kinder) sowie einige steuerlichen Vorteile. Das ergibt schon eine gute finanzielle Unterstützung.

Außerdem sind die Kindergärten für Kinder ab drei Jahren grundsätzlich kostenlos, auch wenn die meisten trotzdem monatlich ca. 150-250 € für Essen, Zusatzkosten für englischsprachige Betreuung, musikalische Früherziehung, längeren Nachmittagsbetrieb etc. fordern. Aber im Grunde ist die Unterstützung zumindest im städtischen Bereich gut ausgebaut. Am Land ist es allerdings wesentlich schwieriger. Leider gibt es dort nicht immer ausreichend Plätze im Kindergarten und die Öffnungszeiten sind ungünstig.

Wenn die Kinder älter sind, gibt es v.a. im urbanen Bereich eine leistbare Nachmittagsbetreuung mit Essen und Betreuung bei den Hausübungen.

Auch Fremdunterstützung ist leistbar. Der Stundenlohn liegt bei ca. 10-15 € pro Stunde. Die Kosten hierfür waren bisher sogar i.H.v. ca. 2.500 € jährlich steuerlich absetzbar, solange die Leihoma, Nanny etc. eine Ausbildung gemacht hat, was relativ einfach zu machen ist.

Als großen Nachteil empfinde ich, dass es in Österreich weiterhin großteils nur Halbtagsschulen gibt. Ganztagesschulen mit verschränktem Unterricht, wie ich das selbst im englischen und amerikanischen Bildungssystem erlebt habe, sind bei uns leider die absolute Ausnahme.

Arbeitsrechtliche Ansprüche auf Karenz bzw. Elternteilzeit waren zwar für mich nie Thema, da ich nie angestellt war, aber als Angestellte hat man ab einer bestimmten Betriebsgröße einen Anspruch auf Teilzeitarbeit bis zum 7. Lebensjahr des Kindes; der Anspruch auf Karenz gilt im Regelfall bis zum 2. Lebensjahr des Kindes.

Gibt es einen Anspruch auf Rückkehr in Vollzeit?

Einen dauerhaften Anspruch auf Rückkehr auf genau den gleichen Arbeitsplatz in Vollzeit gibt es hier nicht. Der Kündigungsschutz endet 4 Wochen nach der Rückkehr. Es empfiehlt sich also, zu verhandeln und gut zu planen. Idealerweise bleibt man auch während der Karenz in Kontakt mit dem Betrieb.

Haben Sie davor jemals Probleme in der Vereinbarkeit von Familie und Karriere gesehen? Falls ja, haben sich diese bewahrheitet?

Ich finde, wie man Karriere und Familie vereinbart, hängt sehr viel von persönlichen Entscheidungen und von der eigenen Einstellung sowie der Einstellung der Umgebung ab, zumindest für Frauen mit Hochschulausbildung, die Sie mit "breaking.through" ansprechen.

Als berufstätige Frau trifft man im Regelfall eine bewusste Entscheidung: Wie wichtig ist mein Beruf für mich? Wie wichtig ist mir die Zeit mit meiner Familie? Dann gilt es, diese Entscheidung in die Tat umzusetzen, mit dem Partner abzustimmen, die organisatorischen Rahmenbedingungen einzurichten etc. Wenn ich die Nachmittage mit meinen Kindern im Bad und im Wald verbringen und ihnen jeden Abend Gute-Nacht-Geschichten vorlesen will, dann ist der Ausgleich, dass mein Einkommen niedriger ist und dass ich beruflich Abstriche mache. Dass meine Arbeitsumgebung die gewünschte Vereinbarkeit von Familie und Beruf akzeptiert und unterstützt, ist dafür Voraussetzung. Da hatte ich bisher viel Glück. Da sehe ich aber auch einen allgemeinen Trend: Auch österreichische Unternehmen erkennen zunehmend, dass Frauen eine wertvolle Ressource sind und es auch nach der Geburt von Kindern bleiben, wenn ihnen zeitliche Flexibilität eingeräumt wird.

Schwierig ist, dass viele berufstätige Mütter in der aus Karrieresicht prägenden Zeit zwischen 30 und 45 weniger Zeit und häufig auch weniger Fokus auf eine zielstrebige Karriereplanung und -förderung haben. Das hat häufig langfristige Konsequenzen für den weiteren Berufsweg.

Worin bestand für Sie bis heute in Ihrer Karriere die größte Herausforderung?

Den Sprung zu machen von einer fachlich guten Juristin, die ihren Job beherrscht, zu einer Anwältin, die erfolgreich an der Unternehmensführung, also auch Personalführung, Business Development, Planung etc. beteiligt ist.

Welchen Rat würden Sie heute Ihrem jüngeren Ich geben?

Ein Rat an mich wäre, die Vor- und Nachteile einer frühzeitigen Spezialisierung zu überlegen und eine entsprechende Entscheidung zu treffen. Einerseits gilt: Wenn man klare Ziele hinsichtlich Spezialisierung hat, kann man sich früh einen Namen machen. Je früher man anfängt, sich zu diesem Thema zu äußern, Seminare zu belegen, zu publizieren etc., desto stärker ist die eigene Marke. Allerdings war ich durch die sehr breite Aufstellung am Anfang meiner Laufbahn vielseitig einsetzbar. Das ist zwar einerseits anstrengender, aber die Sprünge, die ich bei Wolf Theiss gemacht habe, waren nur möglich, weil ich fachlich so breit aufgestellt war.

 

Auch hätte ich gerne einen Mentor gehabt. Heute gibt es viele Mentorenprogramme. Das habe ich früher nicht so wahrgenommen. Ich hatte beispielsweise zu Beginn meiner Laufbahn keine weiblichen Vorbilder; vor Gericht habe ich früher eine einzige andere weibliche Kollegin getroffen. Ich hätte von einem weiblichen Mentor stark profitieren können. Heute würde ich dazu raten, aktiv passende Mentoren zu suchen und sich in Karrierefragen Rat zu suchen. Viele JuristInnen sind durchaus bereit, KollegInnen zu unterstützen und mit Kontakten etc. zu helfen.

 

Auch lohnt sich eine aktive Beteiligung an ein passendes Netzwerk. Ich empfehle AIJA gerne meinen jüngeren Kolleginnen, die international tätig sein wollen. Ein Engagement lohnt sich und kann neue Perspektiven eröffnen, nicht nur mit Blick auf Business Development.

Welche Juristin hat Sie so inspiriert, dass sie als Vorbild für breaking.through nominiert werden sollte und wieso?

Bettina Knötzl ist für mich ein Vorbild, daher nominiere ich sie wirklich gerne. Sie ist begeistert von ihrem Job und bringt das auch so rüber. Sie ist eine ausgezeichnete Juristin, unglaubliche Strategin, ist hervorragend im Business Development und reißt Menschen mit ihrer Begeisterung und Leidenschaft für den Job mit. Zudem hat sie es geschafft, bei Wolf Theiss als einzige Frau unter 25 Partnern Equity Partnerin zu werden und das Dispute Resolution Department aufzubauen. Damals waren für die Großkanzleien M&A und Banking & Finance sexy, Litigation galt als zweitrangig. Sie war die Erste und hatte eine Vision, mit der sie sich auch erfolgreich gegen Widerstände durchgesetzt hat. Ihre geistige Beweglichkeit und Offenheit sind wirklich beeindruckend.

Außerdem nominiere ich Irmgard Griss, ehemalige Vorsitzende des OGH. Sie ist 2016 bei der Bundespräsidentenwahl angetreten. Mich hat sie sehr beeindruckt, als ich sie kennengelernt habe. Sie hat es geschafft, Familie und Berufsleben zu vereinbaren, dabei war sie teilweise auch alleinerziehend. Zusammen haben ihr Mann und sie fünf Kinder. Und trotzdem hat sie es geschafft, in Österreich höchst erfolgreich zu sein. Ich bewundere ihre Wortgewandtheit und ihren messerscharfen Verstand. Und dabei noch fünf Kinder – das sagt schon alles. (lacht) Sie ist zwar nicht Bundespräsidentin geworden, aber was nicht ist, kann ja noch werden.

Vielen Dank für das spannende Interview und die persönlichen Einblicke!

Wien/Frankfurt am Main, 09. April 2018. Das Interview führte Nadja Harraschain.

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