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Catarina dos Santos im Porträt

„Ich möchte diesen Gedanken nach außen tragen: Du kannst alles schaffen!“

Catarina dos Santos, Mitglied des Deutschen Bundestags und Rechtsanwältin, über ihr Verständnis von Vorbildern und die Aufgaben einer Abgeordneten.

Liebe Frau dos Santos, wie haben Sie die juristische Ausbildung in Erinnerung?

Ich erinnere mich gerne an die Zeit zurück, denn es hat mir immer Spaß gemacht mich intensiv in Themen einzuarbeiten. Gleichzeitig hat der hohe Stresslevel mich so geprägt, dass mich nichts mehr so schnell aus der Ruhe bringt.

Sie haben sich im Studium für den Schwerpunkt im Steuerrecht entschieden und auch als Rechtsanwältin in diesem Bereich gearbeitet. Wieso haben Sie sich für dieses Rechtsgebiet entschieden?

Steuerrecht ist ein sehr komplexes Thema, das – entgegen vieler Klischees – sehr nah am Leben und übrigens auch hochpolitisch ist. Das finde ich spannend. Besonders Unternehmensnachfolgen habe ich gerne beraten, weil es um die Gestaltung von Zukunftskonstellationen mit Menschen ging, die in den überwiegenden Fällen immer eine gewisse Leidenschaft mitgebracht haben für das, was sie tun.

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Seit 2014 sind Sie Mitglied bei der CDU. Wie kam es zu dem Entschluss, sich politisch zu engagieren?

Politik hat mich schon länger interessiert und als ich angesprochen wurde, einmal bei der CDU vorbeizuschauen, hat mich die Neugier gepackt und nicht mehr losgelassen.

Sie waren zunächst kommunalpolitisch aktiv. Was kennzeichnet die Kommunalpolitik und welche Aufgaben haben Sie übernommen?

Gerade in der Kommunalpolitik kann man ohne große Hürden Ideen einbringen und oft auch direkt umsetzen. Das motiviert.

Im Eschweiler Stadtrat bin ich Mitglied im Haupt- und Finanzausschuss, sowie Sprecherin im Kulturausschuss. Als Mitglied des Städteregionstages Aachen (ähnlich eines Kreistages) stellv. Fraktionsvorsitzende und Sprecherin im Ausschuss für Umwelt, Klima und Mobilität.

Im April 2021 – nach nur sieben Jahren Parteimitgliedschaft – wurde entschieden, dass sie für den Bundestag kandidieren. Wie läuft ein solcher Entscheidungsprozess ab? Wieso haben Sie sich für eine Kandidatur entschieden?​

Als Kandidatin für den Deutschen Bundestag wurde ich von meiner Partei zunächst vorgeschlagen und dann mit über 97% aufgestellt. Ich weiß dieses Vertrauen meiner Parteifreunde in mich sehr zu schätzen und weiß, dass das nicht selbstverständlich ist. Im Vorfeld der Nominierung habe ich die Entscheidung für die Kandidatur natürlich abgewogen. Neben Fachwissen und Eignung muss eine Kandidatin auch bereit sein, den harten Wahlkampf zu bestreiten und vor allem die Bürgerinnen und Bürger überzeugen. Man geht mit einer Kandidatur auch immer ein gewisses Risiko ein. Ich habe die Entscheidung jedenfalls nicht bereut.

Mit 27 Jahren sind Sie eine der jüngsten Abgeordneten im Bundestag. Wie begegnen Ihnen Ihre Kolleg*innen im Bundestag? Spielt Ihr Alter eine Rolle?

Meine Fraktion ist sehr groß und somit ist sie auch entsprechend unterschiedlich. Außerhalb des Parteibuches und des Amtes können Abgeordnete komplett unterschiedlich sein. Jung, älter, neu im Bundestag oder mit viel Erfahrung, aus der Stadt, vom Land, berufliche Hintergründe – jeder ist individuell und trotzdem haben wir ein gemeinsames Ziel. Mein Alter spielt daher natürlich eine Rolle dahingehend, wie ich die Politik sehe, genauso wie auch andere Eigenschaften.

Im Vorgespräch erzählten Sie, dass Sie Ihre Rolle als Vorbild für junge Frauen sehr ernst nehmen. Was genau meinen Sie damit? Wie verstehen Sie Ihre Rolle als Vorbild?​

Mir schreiben häufig junge Frauen, dass sie in mir ein Vorbild oder eine Inspiration sehen und dass sie daraus Mut und Selbstvertrauen schöpfen auch selbst ihre Träume zu verwirklichen. Das freut mich auf der einen Seite sehr, auf der anderen Seite wird mir dann auch immer wieder bewusst, dass ich genau diesen Gedanken nach draußen tragen möchte: „Du kannst alles schaffen“. Mir selbst hilft es auch zu sehen, wie andere Frauen ihren Weg gegangen sind.

In den kommenden vier Jahren werden Sie im Europa- und im Digitalausschuss und als Stellvertreterin im Rechtsausschuss vertreten sein. Wie kann man sich die Ausschussarbeit vorstellen?​ 

In den Ausschüssen teilen wir als Fraktion noch einmal alle zentralen Politikfelder untereinander auf. Das sind die sogenannten Berichterstatterthemen. Sobald diese feststehen, ist man für gewisse Themen und Gesetzgebungsvorhaben zuständig und wird zum Ansprechpartner für dieses Gebiet. In den Ausschüssen werden die zugehörigen Themen dann besprochen und vorbereitet.

Das Thema Frauenförderung begleitet Sie schon seit Jahren. Inwiefern werden Sie sich als Abgeordnete für Frauenförderung einsetzen?

Aus meiner Sicht müssen wir es schaffen, dass Frauen und Männer Partei (oder jedes andere Ehrenamt) und/oder Beruf und Familie besser vereinbaren können. Das ist heute schon viel leichter als noch vor einigen Jahren. Aber wir können dies praktisch durch einfache Änderungen erleichtern. Beispielsweise können 24-h-Kitas Eltern im Schichtdienst das Leben sehr erleichtern. Für unsere demokratischen Strukturen, egal ob im Stadt-, Kreis-, Land- oder Bundestag wäre es wichtig, dass Abstimmungen zukünftig auch digital rechtlich bindend sein können – nicht nur in Präsenz. Außerdem begrüße ich zeitlich angepasste Sitzungen, die für Berufstätige einzuplanen sind – dann aber z.B. auch eine Endzeit haben, nach der Beschlüsse nicht mehr möglich sind. So ließe sich Politik auch leichter mit dem Familienleben vereinbaren. Dazu kommt für mich natürlich auch das Weitertragen von Begeisterung für Politik.

Die Arbeit als Mitglied des Bundestages ist sehr zeitintensiv. Wie haben Sie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf organisiert?
 
Glücklicherweise gibt es – beschleunigt dank Corona – inzwischen die Möglichkeit viele Sitzungen digital oder hybrid stattfinden zu lassen. Das hilft mir dabei, die vielen Verpflichtungen zu koordinieren. Darüber hinaus habe ich für mich feste Regeln aufgestellt, wann ich auch mal nicht erreichbar bin. Bislang klappt das sehr gut. Fragen Sie mich gerne in ein paar Jahren noch einmal.
Welche Juristin hat Sie so inspiriert, dass sie als Vorbild für breaking.through nominiert werden sollte? Wieso?​ 

Ich habe damals in der Universität verschiedene Vorlesungen besucht, um meinen Schwerpunkt auszuwählen. Die Entscheidung fiel in einer Vorlesung von Frau Prof. Dr. Johanna Hey im Steuerrecht. Sie habe ich als fachlich außerordentlich inspirierend erlebt, allerdings wurde sie von breaking.through bereits nominiert.

Vielen Dank für das spannende Interview!

München/Berlin, 25.1.2022. Das Interview führte Dr. Franziska Huber. Frau dos Santos beantwortete die Fragen schriftlich.

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